Clemens Bäres erste Lieder, die er abgeschieden in seinem Kinderzimmer in Oberösterreich geschrieben hat, waren ursprünglich nie dafür bestimmt, von anderen gehört zu werden. Drei Jahre später veröffentlicht er als doppelfinger nun sein Debütalbum »by design«.
doppelfinger – das naturgegebene sowie namensgebende Charakteristikum ist genauso untrennbar mit seiner Person verbunden wie auch die Musik, die für ihn die genuinste, direkteste Sprache zu sein scheint. Sie dient seit jeher als Zufluchtsort, als »place to go«, wenn es zu schnell und zu laut wird; was schwerfällt, in Worte zu fassen, kann doppelfinger im Songwriting und in der Musik ausdrücken. 2019 wagte er sich schließlich doch nach draußen, um anderen, die Ähnliches erfahren, Worte zu geben, um ihnen vielleicht sogar das zu bieten, das auch ihm seine musikalischen Held*innen von damals gegeben haben.
doppelfingers verletzliche Lieder handeln von kleineren und größeren Krisen einer Existenz, ohne dabei aber in völlige Hoffnungslosigkeit zu entgleiten; die dunklen Texte erzählen von der Schwierigkeit, über Leidenszustände, Bedürfnisse und Emotionen zu sprechen (»trouble«, »how to hide«), von innerer Zerrissen- und Unsicherheit (»my oh my«), vom Gefühl, fehl am Platz oder (noch) nicht dort zu sein, wo man hingehört (»knowingly«).
»come ’round & listen to the diary of a man in great despair« – heißt es in »seasonal affective disorder«; ein Blick in besungenes Tagebuch offenbart die immer wiederkehrenden Themen Depression, Isolation, Leere, Sucht und Selbstzerstörung, an anderer Stelle Mikro- aber auch Makro-Kosmen erschütternde, einschneidende Vorfälle (»blue lights«, »fold my fears«).
Die von Ambivalenzen durchzogenen Texte finden auch im Sound ihre Entsprechung – mancherorts stehen Text und Musik in Kontrast zueinander, ab und an lassen sich überraschend helle Momente in doppelfingers Werk finden. So koexistieren detailliert-verspielte Instrumentierung oder intrikates Gitarrenspiel mit weiten, sphärischen Cello-Melodien, bedrohlichen Harmonium-Parts und lasierenden Synthie-Drohnen. Nochmal verdeutlicht werden die Gegensätze auch auf visueller Ebene: in den aufwendig produzierten Musikvideos bewegen wir uns in ad absurdum geführten Folk-Klischees – in weiten Landschaften und düster-romantischen Wäldern begegnen wir verschrobenen, surreal-anmutenden Figuren, die wie weitere Inkarnationen von doppelfingers Innerem wirken.
Das Einladen von verschiedenen Künstler*innen aus unterschiedlichen musikalischen und kreativen Bereichen und ein kollaborativer Produktionsprozess sind elementar für das Projekt und verleihen doppelfingers Folk-Sound einen für das Genre frischen, überraschend- eigenständigen Twist. An musikalischer Front bringen u.a. Jakob Herber (Co-Writing, Recording, Production – FLUT, Culk, Anger, Sophia Blenda), Sophie Lindinger (Mixing – Leyya, My Ugly Clementine), Lukas Lauermann (Cello – u.a. Soap&Skin, Tocotronic) und OSKA (Backing Vocals) ihre Vision und Schaffenskraft mit ein.
DOPPELFINGER | HOW TO HIDE
DOPPELFINGER | SEASONAL AFFECTIVE DISORDER